Ein Foto aus Vor-Corona-Zeiten: Marionlotte Friebe (2.v.r.) mit Dr. Thomas Middeldorf, David Anthony Loch und Jan Meier (v. l.) vor der Stroke Unit im Krankenhaus St. Marienwörth. Foto: Krankenhaus St. Marienwörth

Der 31. Juli 2017 beginnt für Marionlotte Friebe aus Wöllstein wie jeder andere Tag auch. Um viertel nach fünf steht sie auf, kocht sich eine Tasse Kaffee und will sich dann fertigmachen für die Arbeit. Sie erinnert sich noch, dass sie unter der Dusche steht, aber dann reißt die Erinnerung plötzlich ab. Ihr Mann füllt später diese Erinnerungslücken. Denn als er rund zwei Stunden später nach unten geht, wundert er sich, dass das Hoftor noch geschlossen ist. Eigentlich müsste seine Frau schon längst mit dem Auto auf dem Weg zur Arbeit sein. Schließlich findet er sie im Bad und merkt, dass seine Frau die rechte Seite nicht bewegen und auch nicht sprechen kann. Er macht das einzig Richtige: Er wählt sofort die 112 und ruft den Rettungsdienst.

Der bringt die damals 61-jährige ins Krankenhaus St. Marienwörth. Über Funk wird die Notaufnahme bereits über das baldige Eintreffen einer Patientin mit dem Verdacht auf Schlaganfall informiert, damit direkt eine Computertomografie (CT) erfolgen kann. „Im Ernstfall entscheiden Minuten“, weiß Jan Meier, Teamleiter der Stroke Unit am Krankenhaus St. Marienwörth. „Die direkte Einleitung von Diagnostik und Therapie ist entscheidend für den Behandlungserfolg.“

Deshalb sind die Abläufe auf der Stroke Unit des Krankenhauses St. Marienwörth mit acht Betten klar definiert und alle Berufsgruppen von den Ärzten über die Pflege bis hin zum Therapeutenteam arbeiten Hand in Hand. Die Schlaganfalleinheit war bis vor zwei Jahren auf der Intensivstation des Hauses angesiedelt, mittlerweile ist sie eine eigenständige Organisationseinheit innerhalb der Abteilung Innere Medizin. „Das hat den Vorteil, dass wir wirklich nur Schlaganfallpatienten betreuen und hierfür absolute Spezialisten sind, die sich kontinuierlich fachspezifisch fort- und weiterbilden“, erklärt Jan Meier. „Außerdem muss der Patient nicht mehr innerhalb des Krankenhauses verlegt werden, was unter anderem Informationsverlusten vorbeugt. Wir haben an fünf Tagen die Woche eine kurze Besprechung mit dem Gesamtteam, um die bestmögliche Therapie für jeden einzelnen Patienten festzulegen.“

Bei Marionlotte Friebe kommt es dazu erstmal nicht: Das CT zeigt ein Gerinnsel im Kopf. In der Notaufnahme wird zunächst die Therapie mit einer sogenannten Lyse eingeleitet, wodurch oft schon eine Auflösung des Gerinnsels und damit auch eine Heilung erreicht werden kann. Dennoch wird in diesem speziellen Fall eine Verlegung zu einem Maximalversorger notwendig.  Dort wird eine so genannte Thrombektomie durchgeführt, bei der das Gerinnsel mithilfe eines speziellen Katheters entfernt werden kann. Bereits am nächsten Tag wird die Patientin dann wieder zurückverlegt ins St. Marienwörth. Dort startet dann postwendend Physiotherapie sowie Logo- und Ergotherapie. „Ich hatte am Anfang überhaupt keine Stimme“, erinnert sich Marionlotte Friebe. „Die Vorstellung, vielleicht nicht wieder sprechen zu können, hat mir große Angst gemacht.“

Doch Pflegefachkräfte und Ärzte konnten sie beruhigen, denn eine vorübergehende Aphasie, so nennt man den zeitweiligen Verlust der Sprache, ist nach einem Schlaganfall nicht ungewöhnlich. „Viele Patienten haben direkt nach einem Schlaganfall Schwierigkeiten mit der Wortfindung“, erklärt David Anthony Loch, Abteilungsleiter Pflege der Inneren Medizin. „Deshalb sollte die logopädische Therapie so frühzeitig wie möglich beginnen, das heißt schon in der Akutphase, sobald der Allgemeinzustand des Patienten es erlaubt. Wir beobachten hier häufig bereits nach einer Woche, durch die gezielte therapeutische Arbeit unserer Logopädie und Ergotherapie, eine deutliche Verbesserung der Sprachstörung“. So ist es auch bei Marionlotte Friebe. Die Sprache kommt wieder und auch sonst bleiben keinerlei Beeinträchtigungen zurück.

„Rund 70 Prozent der Schlaganfallpatienten leiden an den Langzeitfolgen“, so Dr. Thomas Middeldorf, Ärztlicher Leiter der Stroke Unit am Krankenhaus St. Marienwörth. „Das hängt allerdings sehr stark von der Zeit ab, die zwischen dem Ereignis und der Einleitung der Therapie verstrichen ist. Nach viereinhalb Stunden besteht fast keine Aussicht mehr auf Heilung. Deshalb gilt: Bei den ersten Anzeichen eines Schlaganfalls immer sofort den Rettungsdienst alarmieren und am Telefon ganz konkret den Verdacht auf einen Schlaganfall äußern.“

Und auch die Nachsorge und engmaschige Kontrolle spielen eine Rolle. So wird bei Marionlotte Friebe bei einer Kontrolluntersuchung ein kleines Loch zwischen den beiden Herzkammern festgestellt, das eine Ursache für den Schlaganfall gewesen sein könnte. Seitdem wird das alle sechs Monate mithilfe einer Magnetresonanztomografie (MRT) kontrolliert. „Der Schlaganfall war ein Schock, aber ich bin natürlich froh, dass es mir heute wieder gut geht“, so die resolute Wöllsteinerin. „Dafür bin ich meinem Mann für seine schnelle Reaktion und dem Behandlungsteam auf der Stroke Unit mehr als dankbar.“

 

Quelle: Franziskanerbrüder vom Heiligen Kreuz

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