Zum Internationalen Tag der Frauengesundheit warnen die Kardiologen Dr. Tanja Brenzel und Dr. Mathias Elsner (Diakonie Krankenhaus Bad Kreuznach) davor die Gefahr eines Herzinfarkts bei Frauen zu unterschätzen. Foto: Stiftung kreuznacher diakonie

Frauenherzen sind anders, vor allem, wenn sie aus dem Takt geraten. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland die häufigste Todesursache für Frauen. „Oft unterschätzen Frauen das Risiko eines Herzinfarktes, weil sie ihre Beschwerden nicht mit einer Erkrankung am Herzen in Verbindung bringen“, berichtet Kardiologe Dr. Mathias Elsner vom Diakonie Krankenhaus Bad Kreuznach. Den Internationalen Tag der Frauengesundheit möchte der Chefarzt nutzen, um gemeinsam mit Oberärztin Dr. Tanja Brenzel über Krankheitsanzeichen und geschlechtsspezifische Risikofaktoren aufzuklären. Was Frauenherzen aus medizinischer Sicht so besonders macht und warum dies bei der Diagnose und Therapie stärker berücksichtigt werden muss, erklären die beiden Herzspezialisten im Interview.

Schlagen Frauenherzen wirklich anders?

Dr. Mathias Elsner: Aufbau und Funktion ist bei allen Geschlechtern gleich, auch wenn das Frauenherz im Schnitt etwas kleiner ist und schneller schlägt. Trotz aller Gemeinsamkeiten sterben mehr Frauen als Männer an Herzerkrankungen wie Herzschwäche, Herzrhythmusstörung und Erkrankungen der Herzklappen. 

Woran liegt das?

Dr. Tanja Brenzel: Frauen haben im Gegensatz zu Männern oft nicht die klassischen Symptome wie starke Schmerzen in der Brust und im linken Arm. Frauen mit Herzerkrankungen leiden meist an untypischen Beschwerden: Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Luftnot, Sodbrennen oder Schmerzen im Oberbauch gehören dazu. Das macht die Diagnose-Stellung und Behandlung anspruchsvoll. Die Folge ist, dass ein drohender Herzinfarkt zu spät erkannt wird – sowohl von den Betroffenen als auch von den Ärzten. 

Und daher kommen die Sterblichkeitsunterschiede?

Dr. Mathias Elsner: Studien zeigen, dass Frauen mit Herzbeschwerden durchschnittlich eine Stunde später ins Krankenhaus kommen als Männer. Doch gerade beim Herzinfarkt zählt jede Minute. Eine Verzögerung bei der Behandlung erhöht das Risiko einer Herzrhythmusstörung, einer akuten oder auch dauerhaften Herzschwäche und eines plötzlichen Herztodes.

Ein weiterer Faktor ist auch das Alter. Frauen erleiden im Schnitt zehn Jahre später als Männer einen Herzinfarkt. Tritt die Erkrankung im höheren Lebensalter auf- also in einer Phase des Lebens, in der weitere Vorerkrankungen vorliegen und die Widerstandsfähigkeit des Körpers geringer ist- trifft es sie deutlich schwerer. Deshalb muss mit Nachdruck besser aufgeklärt werden über die Symptome und vor allem über die geschlechtsspezifischen Risikofaktoren.

Worauf sollten Frauen achten?

Dr. Tanja Brenzel: Durchblutungsstörungen am Herzen sind mittlerweile auch bei den Frauen die Haupttodesursache. Vor allem die Zunahme und der frühe Beginn des Zigarettenrauchens sind dafür verantwortlich. Weitere Risikofaktoren sind Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht, Diabetes, Bewegungsmangel und Bluthochdruck. 

Frauen haben viele Jahre einen hormonell bedingten Gefäßschutz, der sie vor Herzkrankheiten bewahrt. In den Wechseljahren lässt dieser Schutz nach und das Risiko einer Erkrankung steigt. Besonders jenseits der Menopause sollten Frauen daher mehr auf sich achten. Dabei geht es nicht nur um die körperliche Gesundheit, sondern auch um das seelische Gleichgewicht. Denn Stress geht Frauen oft mehr zu Herzen als Männern.

Gibt es noch andere Herzerkrankungen, die besonders Frauen betreffen?

Dr. Mathias Elsner: Eine spezielle Herzerkrankung, die durch emotionalen Stress hervorgerufen werden kann, ist das „Broken Heart Syndrom“. Es wird in der Fachsprache auch als „Takotsubo-Syndrom“ bezeichnet und erinnert von den Symptomen her an einen Herzinfarkt. Durch massive Stresshormonausschüttung erleiden die Patienten- zu 90 Prozent sind dies Frauen- eine plötzlich auftretende Herzmuskelschwäche.

Dr. Tanja Brenzel: Auch tritt bei Frauen häufiger eine Erkrankung der kleinsten Herzgefäße auf. Betroffene Patientinnen klagen über Schmerzen im Brustbereich. Trotzdem bleibt der herkömmliche Herzkatheter ohne Befund, weil bei der Untersuchung nur die großen Herzkrankgefäße erkennbar sind. Das hat leider in der Vergangenheit dazu geführt, dass sich die (meist weiblichen) Patienten als Simulanten gefühlt haben. Erst in den letzten Jahren wurde diese Erkrankungen, die erhebliche Beschwerden verursacht, weil das Herz nicht genug Blut und damit Sauerstoff liefert, in den Fokus der Forschung und Behandlung genommen. Hier braucht es eine Feinjustierung von gefäßwirksamen Medikamenten und manchmal auch ein Behandlungsverfahren mittels eines speziellen Herzkatheter-Verfahrens. Das Diakonie Krankenhaus in Bad Kreuznach mit seiner Chest-Pain Unit und dem hochmodernen Herzkatheterlabor hat dafür glücklicherweise die optimale Ausstattung.

Wie sehr ist es verbreitet, gender-sensitiv, also geschlechtsspezifisch zu behandeln?

Dr. Mathias Elsner: Studien zeigen, dass Frauen insgesamt weniger intensiv und effektiv behandelt werden, da sie anders auf Medikamente reagieren. Auch leiden sie bei einzelnen Präparaten unter deutlich stärkeren Nebenwirkungen. Ursache dafür ist, dass die Therapieempfehlungen für Herzmedikamente auf Studien beruhen, die überwiegend an Männern durchgeführt werden. So können bestimmte Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen bei Frauen paradox wirken und Rhythmusstörungen begünstigen. 60 Prozent aller Patienten, die wegen schwerer Arzneimittelnebenwirkungen ins Krankenhaus eingewiesen werden, sind weiblich. Um solche Zusammenhänge aufzuklären, ist es wichtig, dass künftige Studien mehr Frauen einschließen.

Quelle:
Stiftung kreuznacher diakonie

 

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