Mit dem häufiger werdenden grauen Herbstwetter nehmen auch Eintrübungen der Stimmung zu. Vorübergehende Niedergeschlagenheit oder tiefe Traurigkeit nach Schicksalsschlägen sind das eine. Doch depressive Phasen über mehr als zwei Wochen weisen auf eine Lebenskrise oder sogar ernsthafte Erkrankung hin. Sich zurückzuziehen, wenn es einem schlecht geht, gilt als gesellschaftlich anerkannte Strategie. Viel sinnvoller ist es jedoch, sich professionelle Unterstützung zu suchen, wenn Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, Traurigkeit oder Einsamkeit überhandnehmen. Viele klinische Studien zeigen, dass Psychotherapie eine hohe Wirksamkeit hat. In Deutschland ist ein Sechstel der Bevölkerung von Depressionen betroffen, davon zwei Drittel Frauen und ein Drittel Männer. Oft werden Depressionen bei Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen zu spät oder gar nicht erkannt.
Das Risiko, im Laufe des Lebens an der psychischen Störung Depression zu erkranken, beträgt 16 bis 20 Prozent (Lebenszeitprävalenz). Fast jede zweite Frühverrentung beruht inzwischen auf der Diagnose Depression. Auch durch die psychischen Belastungen der Covid-19-Pandemie stiegen die Zahlen weiter.
Es wird zwischen einer leichten, mittelgradigen und schweren Depression unterschieden. Genetische Gründe sind aufgrund von Zwillingsstudien anerkannt, darüber hinaus beeinflussen zahlreiche andere Faktoren Entstehung und Verlauf der Krankheit. Wenn ein Elternteil depressiv ist, haben die Kinder ein 10 bis 15 Prozent höheres Risiko, ebenfalls depressiv zu werden. Hormonumschwünge, Wochenbett oder Renteneintritt können Auslöser sein, zumeist sind es jedoch Lebenskrisen oder Überlastungsphasen. Häufig lässt sich aber kein konkreter Grund finden.
Symptome einer Depression
Wer depressiv ist, fühlt sich gedrückt, ohne dass das in direktem zeitlichen Zusammenhang mit einem Ereignis stehen muss. Er kann sich für nichts richtig interessieren, erlebt ein Gefühl von Sinnlosigkeit und innerer Leere. Den Betroffenen fällt es immer schwerer, sich zu motivieren.
Darüber hinaus leiden viele Betroffene unter körperliche Beschwerden ohne organische Ursache. Das sind häufig Schlafstörungen, die vor allem in der zweiten Nachthälfte auftreten. Viele Erkrankte haben wenig Appetit und verlieren an Gewicht. Andere neigen zu übermäßigem Essen und nehmen deutlich an Gewicht zu. Das Denken und Handeln der Patienten ist verlangsamt. Andere wiederum fühlen sich ständig innerlich unruhig, so dass es ihnen schwerfällt, stillzusitzen.
Menschen mit Depressionen haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, fühlen sich ständig müde sowie energielos und verlieren auch das Interesse an Sexualität. Auch Schmerzen können auf eine Depression hinweisen. Ebenfalls leidet der eigene Selbstwert oder es entstehen Schuldgefühle. Dies kann so weit gehen, dass sie an Selbstmord denken oder ihn sogar begehen. Spätestens in dieser Situation ist professionelle medizinische und psychotherapeutische Hilfe dringend geboten. Bei Suizidgedanken nehmen Betroffene oder das Umfeld bitte sofort Kontakt mit der Telefonseelsorge 0800-1110111 und 0800-1110222 auf. Kindern und Jugendlichen wird unter 0800-1110333 und Chat weitergeholfen.
Von einer Depression spricht man erst, wenn mehrere dieser Symptome gleichzeitig und länger als 14 Tage bestehen.
Andere Symptome bei Männern
Die Geschlechter gehen mitunter sehr unterschiedlich mit Depressionen um. Weil Männer während einer Depression oft nicht die typischen Symptome wie Niedergeschlagenheit oder Antriebsverlust zeigen, sondern sich sogar aggressiver verhalten als sonst, wird ihre Erkrankung zu spät oder gar nicht erkannt. Manche Betroffene gehen mehr Risiken ein, beispielsweise fahren sie dann zu schnell Auto. Auch erhöhter Alkoholgenuss oder starkes Rauchen kann ein Hinweis auf eine Depression sein.
Nur zehn Prozent werden richtig behandelt
Bisher werden nur zehn Prozent der Betroffenen richtig behandelt, weil die Krankheit entweder nicht erkannt wird oder die Menschen sich keine Unterstützung suchen. Daher bedarf es unbedingt der Diagnose eines erfahrenen Arztes oder Psychotherapeuten.
Oft ist der Hausarzt ist die erste Anlaufstelle. Dieser überweist dann an die Therapeut:innen. Gesetzlich versicherte Hilfesuchende können sich aber auch direkt an die Terminservicestellen wenden und sich einen Termin für eine psychotherapeutische Sprechstunde geben lassen.
Depressionen können ohne adäquate Behandlung lebensbedrohlich werden. Die Rückfallquote ist mit 50 bis 70 Prozent sehr hoch. Das Rückfallrisiko kann durch einen Krisenplan reduziert werden. Dieser hilft, die eigene Verfassung früher zu erkennen und sich schneller Hilfe zu holen.
Neben der unerlässlichen therapeutischen und ärztlichen Unterstützung können Licht, Bewegung und Sport an der frischen Luft sowie eine ausgewogene Ernährung aber auch Selbsthilfegruppen wichtige Elemente auf dem Weg der Gesundung sein.
Wirksamkeit von Psychotherapie
Aktuelle Studien zeigen, dass Psychotherapie eine hohe Wirksamkeit hat. Sie hat bei psychischen und auch bei körperlichen Erkrankungen im Vergleich zu vielen anderen Verfahren einen günstigen Einfluss auf die Gesundheit. Bei 80 Prozent der Menschen, die psychotherapeutisch behandelt werden, verbessert sich der Gesundheitszustand stärker als ohne Psychotherapie.
Eine Psychotherapie wirkt im Vergleich zur rein medikamentösen Behandlung viel nachhaltiger und wird deutlich seltener abgebrochen als die rein medikamentöse Behandlung. Diese Behandlungserfolge halten bei den allermeisten Patienten weit über das Therapieende hinaus an.
Die Therapieformen kognitive Verhaltenstherapie oder CBASP (“Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy”) für chronisch Depressive sowie psychoanalytische und tiefenpsychologisch fundierte Therapien sind erfolgsversprechend. Der potenzielle Nutzen einer zusätzlichen medikamentösen Behandlung mit Antidepressiva muss vom behandelnden Arzt vorab sehr gut geprüft werden.
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